«Thema Ladeinfrastruktur möglichst frühzeitig vorbereiten»

Elektromobilität

«Thema Ladeinfrastruktur möglichst frühzeitig vorbereiten»

16. April 2019 agvs-upsa.ch – Keine Zukunftsmusik, sondern vom Kunden erwartet: Ladeinfrastruktur gehört je länger desto mehr zur normalen Einrichtung eines Garagenbetriebs. Beim Einbau einer Ladestation gibt es allerdings einige Punkte zu beachten.
 
kro. «Autohäuser werden sich über kurz oder lang von reinen Fahrzeughändlern und Servicebetrieben zu Mobilitätsdienstleistern entwickeln», sagt Andreas Lemke – und spricht damit ein Thema an, das von ihm aus gesehen unbedingt dazugehört: die Elektro-Ladeinfrastruktur. 

Für den Experten für Elektromobilität beim Münchner Beratungs- und Projektmanagement-Unternehmen Cotedo Service GmbH, das jährlich über 400 Werkstätten in ganz Europa berät, wird dieses Thema schnell und stark an Bedeutung gewinnen, nicht nur für jene Garagisten, die bereits E-Fahrzeuge verkaufen und warten. 

«Ein hochkomplexer Vorgang»
Aufgrund seiner Erfahrung rät Lemke «jedem Garagenbetrieb» dazu, das Thema Ladeinfrastruktur in Eigeninitiative möglichst frühzeitig vorzubereiten, besonders wenn Neu- oder Umbauten anstehen. Dies aus einem simplen Grund: «Die Einführung von Ladeinfrastruktur ins Autohaus ist ein hochkomplexer Vorgang – und es ist nicht damit getan, eine Ladesäule auf den Hof zu stellen und sie anschliessen zu lassen.» Dafür seien die Anforderungen an die verschiedenen Ladepunkte innerhalb des Garagenbetriebs zu vielfältig.
 
Ausserdem sei der Markt im Bereich Ladeinfrastruktur schon heute sehr breit und entsprechend unübersichtlich. «Das Angebot zu sichten und mit den eigenen Bedürfnissen abzugleichen, bedeutet einen immensen Rechercheaufwand», sagt Lemke. 
Seiner Erfahrung nach dauert es von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Realisierung bei Ladeinfrastruktur-Projekten unter den besten Voraussetzungen mindestens sechs Monate. Dabei hält er sich an eine bewährte Formel: «Unter Zeitdruck entscheidet es sich immer schlecht oder anders gesagt: Wer Zeit in die Vorbereitung investiert, spart am Ende bares Geld.»
 
Nicht allein bauliche Massnahmen
Substanziell zur Komplexität trägt bei, dass sich die Planung nicht allein auf die baulichen Massnahmen im Betrieb selber beschränkt, sondern dass hier Abhängigkeiten auch zum lokalen beziehungsweise regionalen Energieversorger bestehen. «Der individuelle Aufbau von Ladeinfrastruktur kann an manchen Orten dem Netzausbau der Energieversorger vorauseilen», sagt Lemke. 
 
Er rät deshalb dringend, sich frühzeitig mit dem Energieversorger in Verbindung zu setzen und zu klären, welche Leistung beziehungsweise Leistungserhöhung möglich sei. Das gelte insbesondere für Betriebe mit einer Carrosserie oder Lackiererei, bei denen der Stromverbrauch bereits heute zu erheblichen Leistungsspitzen führe. Ein Energie-Audit, weiss Lemke aufgrund seiner Erfahrung, gehe weit über das «Thema Strom» hinaus: «Es handelt sich um eine ganzheitliche Betrachtung des Gebäudes, seiner Versorgung und seiner Nutzung». 
 
«Es braucht Schnellladestationen»
Diese Erfahrung hat auch René Degen gemacht. Der Inhaber der Gorenmatt-Garage in Binningen BL vertritt mit Nissan eine Marke, die ihre Modellpalette schon früh mit Elektrofahrzeugen ergänzt hat. Entsprechend lange setzt sich Degen auch mit dem Thema Ladeinfrastruktur auseinander. Seit sieben Jahren hat er solche im Aussen- wie im Innenbereich und plant zwei Schnellladestationen vor dem Haus, an dem eine stark befahrene Strasse vorbeiführt. 
 
Mit der baulichen Veränderung der Strasse bekommt er jetzt auf eine elegante Art die Möglichkeit, eine Leitung ans Haus ziehen zu können, die die nötige Stromleistung transportieren kann. «Um als Mobilitätspartner attraktiv zu sein, braucht es Schnellladestationen», sagt Degen. 
 
«Brötli-Bar» als Chance
Aber mit dem Hinstellen sei es nicht getan. Ihm schwebt vor, dass die Kunden die Wartezeit von durchschnittlich 20 Minuten an einer schicken «Brötli-Bar» überbrücken können – eine ideale Gelegenheit, um in lockerem Rahmen über neue Modelle zu diskutieren und zusätzliche Dienstleistungen zu verkaufen.
 
Zehn-Punkte-Plan
 
Wer sich mit dem Einrichten von Ladestationen befasst, sollte laut Andreas Lemke von Cotedo an diese zehn Punkte denken:
 
1. Auswirkungen auf den Garagenbetrieb als Gesamtheit bedenken: Dazu gehört auch die Sensibilisierung und Schulung des Personals – auch und gerade in Bezug auf sicherheitsrelevante Themen.
 
2. Energieberatung einholen: Ziel sollte sein, die Ladeleistung möglichst aus Einsparungen im laufenden Betrieb zu generieren.
 
3. Ist/Soll-Vergleich anstellen: Hier geht es unter anderem um die Platzierung. Langfristig werden Lademöglichkeiten im Aussenbereich, auf den Kundenparkplätzen, im Verkaufsraum und in der Werkstatt benötigt.
 
4. Kurze Wege anstreben: Die ideale Positionierung der Ladestationen sollte unbedingt ein Spezialist ermitteln, denn Bauarbeiten, Durchbrüche oder gar Erdarbeiten werden sonst schnell teurer als die Ladetechnik selbst. 
 
5. Lastgangprofil beauftragen: Profis ermitteln den Energieverbrauch des jeweiligen Betriebs und seine zeitliche Verteilung. Das Resultat wird abgeglichen mit der energetischen «Normallinie», wodurch sich die Restkapazität ergibt. Das hat Einfluss auf die Entscheidung für eine Schnelllade-Lösung (DC) oder «normales» Wechselstromladen (AC).
 
6. Möglichst günstig das Richtige einkaufen: Neben dem Anschaffungspreis sollten die Betriebskosten der jeweiligen Ladeinfrastruktur beachtet werden. Der Dauerbetrieb stellt hohe Ansprüche an die Produktqualität. Eine lange Haltbarkeit und ein reibungsloser Wartungsservice machen sich bezahlt.
 
7. Energiemonitoring erwägen: Eine Software misst in Echtzeit den Energieverbrauch mit dem Ziel, Lastspitzen zu vermeiden.
 
8. Elektromobilität professionell präsentieren: Gut auffindbare Lademöglichkeiten erhöhen die Attraktivität des Betriebs. Elektrofahrer sind solvente Interessenten. Und: Die Ladestationen auf dem Parkplatz sollten für Kunden freigehalten werden.
 
9. Für Zugänglichkeit sorgen: Ladesäulen sollen möglichst 24 Stunden pro Tag barrierefrei für alle Kunden und Elektroautofahrer zugänglich sein.
 
10. Zusatzumsätze realisieren: Garagen sollen sich als Mobilitäts-Dienstleister betrachten und mit der Ladeinfrastruktur ein weiteres Geschäfts­feld erschliessen.
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