«Um überleben zu können, muss sich der Salon anpassen»

Auto-Salon

«Um überleben zu können, muss sich der Salon anpassen»

15. März 2019 agvs-upsa.ch – Der 89. Genfer Autosalon öffnete am 5. März seine Tore. Es war daher naheliegend, dem Präsidenten der Geneva International Motor Show (GIMS), Maurice Turettini, einen Besuch abzustatten. Der Salonchef macht kein Hehl aus den Herausforderungen, vor denen die Messe steht und die eine beständige Anpassung erfordern.
 

jppw. Für zahlreiche Schweizer Autofahrer bleibt der Genfer Autosalon ein Höhepunkt des Jahres und ein unverzichtbarer Treffpunkt. Das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Die Branche ist jedoch von Schwankungen betroffen. Einige Aussteller kehren jährlichen und zweijährlichen Veranstaltungen dieser Art deshalb den Rücken zu. Opel war bereits 2018 nicht mehr in Genf zugegen. In diesem Jahr bleiben Ford und Volvo dem Salon fern, ebenfalls die englischen Marken Jaguar und Range Rover, die den Ungewissheiten des Brexits ausgesetzt sind. «Ihr Fernbleiben beunruhigt uns natürlich», sagt Maurice Turettini. «Vor drei oder vier Jahren», fährt der Genfer Rechtsanwalt fort, «haben uns die Verantwortlichen von Volvo noch erklärt, Genf sei ein Muss für sie und sie gingen nicht nach Paris, da sie sich dort nicht zurechtfänden. Sie haben uns erklärt, dass sie dieses Jahr nicht kämen und dass dies nicht nur von ihnen abhänge. Das sind politische Entscheidungen, die nur schwer abschätzbar sind und auf die man nur schwer reagieren kann. Genf bleibt aber ein Treffpunkt. Es ist keine Verkaufsshow, sondern eine Ausstellungsshow, wo sich CEOs und Designer treffen und austauschen. Nicht mehr teilzunehmen, ist nicht der richtige Weg, denn in gewisser Weise gerät man dann für ein Jahr in Vergessenheit und ist nicht mehr präsent.» 

Wie bleibt man im Rennen? 
Im Gegensatz zu anderen Autosalons im europäischen Ausland, die nur alle zwei Jahre stattfinden, bleibt Genf der einzige jährliche Autosalon. Dies ist aber nicht sein einziger Vorteil. Die Anzahl der Messen in Europa wird abnehmen, und einige werden ganz verschwinden. Um diesem Schicksal zu entgehen, setzt der Genfer Autosalon auf seine Vorzüge. «Man muss wissen, unter welchen Bedingungen die Aussteller systematisch kommen», verrät Maurice Turettini. «Sie kommen, weil ihre Mitbewerber da sind. Sie kommen auch, weil jedes Jahr mehr als 10 000 Medienvertreter da sind, die weltweit über alle denkbaren Kanäle – auch über die sozialen Medien – von den Neuheiten berichten. Genf muss auch der internationalste Salon bleiben. Paris gibt den französischen Marken den Vorzug, und in Detroit und Los Angeles teilen sich die amerikanischen Hersteller den Löwenanteil unter sich auf.» Die GIMS leidet im Moment noch weniger unter dem Fernbleiben von Marken als andere europäische Autosalons und hat den Vorteil, nationalen Marken nicht den Vorrang einräumen zu müssen. Die bedeutende Genfer Automesse kann sich ausserdem auf das allseits geschätzte und kompetente Autosalon- und Palexpo-Personal verlassen.


Neuentwicklungen wie diejenigen im Bereich der Elektrofahrzeuge werden auch in Zukunft zahlreich bleiben. «Alle Marken stellen um, sie haben gar keine andere Wahl», meint der Präsident der GIMS. «Um die hohen Abgasbelastungen ihrer leistungsstarken Fahrzeuge auszugleichen, müssen sie auch Elektrofahrzeuge anbieten. Zunächst wurden Elektrofahrzeuge noch für Erfindungen von Professor Bienlein gehalten. Heute stellen die Marken sie an ihren Ständen in den Fokus.»

Eine weitere wichtige Entwicklung ist die Änderung des Salon-Reglements, insbesondere in Bezug auf die Stände der Zulieferer. An den elf Tagen, an denen die Verkäufer im Palexpo sind, verkaufen sie kaum Material. Die Standdauer wurde deshalb für einige verkürzt. «Wir versuchen, Lösungen zu finden, die für alle zufriedenstellend sind», sagt Maurice Turettini. «Das Ziel bleibt weiterhin, die Hallen mit Qualitätsausstellern zu füllen. Wir haben kritische Stimmen gehört, die meinten, dass elf Ausstellungstage zu lang seien. Dies haben wir berücksichtigt und unser Reglement entsprechend gelockert.»

Die Herausforderungen von Olivier Rihs
In diesem Jahr erhält die GIMS einen neuen Direktor: Olivier Rihs. Er hat am 1. Februar die Leitung übernommen und wird sich bis zum Sommer an der Seite des derzeitigen Direktors, André Hefti, in die verschiedenen Bereiche des Autosalons einarbeiten. Letzter wird sein Amt anschliessend niederlegen. Die Erwartungen an den neuen Leiter sind hoch. «Oliver Rihs bringt grosse Erfahrungen in der Automobilbranche mit und kommt wie gerufen», sagt Maurice Turettini. «Er ist die ideale Besetzung für diesen Job. Wir denken, dass wir mit Oliver Rihs die richtigen Änderungen zur richtigen Zeit machen können, insbesondere was die Digitalisierung angeht, und so den Salon weiterentwickeln können. Daran werden wir nicht vorbeikommen.» Olivier Rihs hat insbesondere die sehr erfolgreiche Plattform Autoscout entwickelt.

Weitere Neuentwicklungen
Als die Zukunft zur Sprache kommt, verbirgt Maurice Turettini seine Begeisterung nicht. «Ich glaube, die technologischen Entwicklungen sind nicht aufzuhalten», sagt der 57-jährige Genfer, der mit dem Elektrovelo oder Scooter in Genf unterwegs ist, wenn das Wetter nicht zu schlecht ist. «Ob Elektroautos oder Wasserstoff als Treibstoff, das wird sich alles noch weiterentwickeln. Ich gehe deshalb davon aus, dass der Autosalon in Zukunft immer technischer wird. Technik und Design bleiben die beiden Säulen, die die meisten Besucher anziehen und begeistern.»
 
Abgesehen von der reinen Technik könnten Neuentwicklungen das Wesen des Genfer Autosalons grundlegend verändern. Maurice Turettini möchte zum Beispiel die Teilnahmebedingungen lockern, um die Sichtbarkeit, die der Salon schafft, auch anderen Fahrzeugkategorien zugutekommen lassen. «Ich wünsche mir, dass der Autosalon zu einer Mobilitätsmesse wird und nicht nur auf Automobilfahrzeuge beschränkt bleibt», führt der Präsident aus, dessen Amt 2020 ausläuft. «Egal ob Elektrovelos, Scooter, Wohnmobil oder Wohnwagen: Wir müssen uns öffnen. Um überleben zu können, muss sich der Salon anpassen.»

Um den Fortbestand der Messe zu sichern, müssen – abgesehen von den unverzichtbaren Ausstellern – zwei wichtige Faktoren zusammenkommen: Medien und Besucher. Auch in diesem März müssten wieder mehr als 10 000 Journalisten aus der ganzen Welt ins Palexpo kommen. Die Besucherzahlen stellen Maurice Turettini zufrieden, auch wenn er einen höheren Anteil an Besuchern aus der Schweiz anstrebt. «Im letzten Jahr kamen 50% der Besucher aus der Schweiz. Da wünschen wir uns mehr», sagt er, bevor er daran erinnert, dass der Bahnhof Genève-Aéroport nur wenige Minuten vom Palexpo entfernt liegt und öffentliche Verkehrsmittel gerade an Tagen mit hohem Besucheraufkommen die beste Lösung bleiben.
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